Im April diesen Jahres fand unsere Missionsreise nach Äthiopien statt. Die Reisegruppe bestand aus 24 Personen aus verschiedenen Gemeinden aus Deutschland und Polen. Für mich persönlich war es der erste Einsatz dieser Art und die Erlebnisse und Eindrücke waren überwältigend. Ziel dieser Reise war die geistliche Erbauung der örtlichen Gemeinden durch gemeinsame Gottesdienste, das Evangelium in Wort und Tat zu verkünden, sowie den Menschen in Not durch humanitäre und finanzielle Hilfe zu unterstützen.
Nach Ankunft in Addis Abeba und Inlandsflug nach Jimma ging es per Bus weiter zu unserer Unterkunft nach Bonga. Auf dieser Fahrt wurde mir zum ersten Mal bewusst, wo ich mich nun befand: in einem der ärmsten Länder der Welt – und scheinbar in einer ganz anderen Welt, wie wir sie kennen. Die Zeit scheint dort stehen geblieben zu sein: Außerhalb der Hauptstadt leben die meisten Menschen in einfachen Lehmhütten ohne Strom und fließend Wasser. Ihre Lebensweise gleicht der ihrer Vorfahren vor 2000 Jahren. Die medizinische Versorgung ist erbärmlich. Viele haben keinerlei Schulbildung und können weder lesen noch schreiben.
Während unseres Aufenthalts konnte ich einige Spuren der Stephanus-Mission entdecken: An Schulen und Gemeinden konnte ich Schilder lesen auf denen zu erkennen war, dass dieses Gebäude von Stephanus finanziert wurde, auch an Brunnen zur Trinkwasserversorgung war dies zu sehen. Die tiefe Dankbarkeit der Menschen war nicht zu übersehen, sie sprudelte förmlich aus ihnen heraus. Ihrer Freude verliehen sie durch lebhaften Gesang Ausdruck. Unsere Begrüßungen in den Gemeinden verliefen jedes Mal sehr emotional, noch bevor wir die Gemeinde sehen konnten, hörten wir schon von Ferne ihren freudigen Gesang, mit dem sie uns begrüßten.
Die Menschen dort haben nicht viel, aber das was sie hatten teilten sie gerne und bereitwillig mit uns (meist Kaffee und Tee). Mich fasziniert, dass unsere Glaubensgeschwister dort – trotz ihrer schwierigen Lebensumstände – zufriedener sind, als die meisten Menschen in unserem Land. Hier können wir von ihnen lernen, was auch Paulus in 1. Timotheus 6,6 betont: „Es ist allerdings die Gottesfurcht eine große Bereicherung, wenn sie mit Genügsamkeit verbunden wird.“
Äthiopien ist ein sehr kinderreiches Land. Wo man auch hinschaut: Kinder. Und sobald die Kinder uns erblickten, sah man das Leuchten in ihren Augen. Bereits eine einfache Geste, wie ein Winken oder ein Handschlag, ließ ihre Kinderherzen höher schlagen. Wir durften einige Schulen besuchen und ein Programm mit Spielen durchführen, sowie Süßigkeiten verteilen – es war eine Freude zu sehen, wie glücklich man diese Kinder (und auch die Lehrer) mit solchen kleinen, einfachen Dingen machen konnte. Auch haben wir Berichte gehört, dass einige Kinder einen Schulweg von 10km zu Fuß zurücklegen müssen, um überhaupt eine Schule besuchen zu können. Das Niveau in den Schulen selbst ist meist sehr niedrig, sodass es für die meisten Kinder schwierig sein wird aus dem Kreislauf der Armut auszubrechen.
Leider mussten wir auch herzzerreißende Schicksale sehen: Als wir in einem Krankenhaus zu Besuch waren, zeigte uns der Direktor ein Kind. Dieses Kind saß in einem Stuhl festgebunden im Flur. Dieser Junge ist 3 Jahre alt, unterernährt und kann weder Laufen noch Sprechen. Der Anblick war grausam. Dieses Kind ist nicht behindert geboren. Es wurde von der Mutter nach der Geburt im Stich gelassen. Da es einen Mangel an Kinderheimen gibt, sitzt dieses Kind seit 3 Jahren festgebunden in diesem Stuhl – ohne Liebe und Fürsorge. Als wir weiter gingen, sahen wir bereits ein weiteres Neugeborenes ohne Mutter, welches wahrscheinlich das gleiche Schicksal bevorsteht. Hier besprachen wir uns mit dem Direktor, was wir tun könnten, um diesen armen Kindern zu helfen. Wir spendeten einen Betrag zur Versorgung ihrer Bedürfnisse, sowie werden die Bemühungen für eine Adoption intensiviert. Unsere Brüder Michael Akulenko und Nikolai Wall besuchten parallel in einer anderen Stadt eins der wenigen Kinderheime, und auch dort berichteten sie von ähnlichen Fällen: Neugeborene die von der Mutter einfach in den Busch geworfen und -Gott sei Dank- gefunden wurden und weiterer solcher Fälle. Auch dieses Kinderheim wird von Stephanus unterstützt.
Das wichtigste Ziel dieser Reise war es natürlich den Menschen die heilsbringende Botschaft Jesu weiterzugeben. Was gibt es da Besseres als die reine Botschaft – das Wort Gottes weiterzugeben? Leider besitzen sogar viele Christen in Äthiopien nicht mal eine Bibel, was für uns unvorstellbar ist. Wir verteilten in den Gemeinden Bibeln in der Landessprache, welches die Menschen mit unfassbarer Freude in Empfang nahmen (für manche ist es eine zusätzliche Motivation Lesen zu lernen). Besonders in Erinnerung geblieben ist mir eine sehr abgelegene Gemeinde. Um diese Gemeinde zu erreichen, mussten wir nach längerer Busfahrt einen Fußweg von ca. 1 Stunde durch dichten Wald zurücklegen. Dieser Stamm gilt in dieser Region als Ausgestoßen, sie sind sehr arm. Die Zeit dort wird mir als sehr Besonders in Erinnerung bleiben, da der Empfang hier besonders herzlich und emotional war. Auch dort verteilten wir nach einem Gottesdienst Bibeln. Als sie die Bibeln entgegennahmen knieten sie sich nieder, und dankten Gott mit erhobenen Händen von ganzem Herzen. Solch eine Wertschätzung zum Wort Gottes habe ich zu unserer Beschämung vorher noch nie gesehen.
Wir durften auch die Früchte der Missionsarbeit der vergangenen Jahre sehen: An einem Gottesdienst kam ein Einheimischer auf einen unserer Brüder zu und erzählte Folgendes: Er fragte zunächst ob er sich an ihn erinnern könne, da unser Bruder bereits vor 5 Jahren in dieser Gemeinde war. Zu dieser Zeit war er noch orthodox. Er wurde zu diesem Gottesdienst mit „den Weißen“ eingeladen, und als nach dem Gottesdienst Bibeln verteilt wurden, nahm er eine Bibel mit nach Hause und begann darin zu lesen. Daraufhin kam er zu dem lebendigen Glauben, erhielt die Wassertaufe und ist heute Mitglied dieser Gemeinde und unser Glaubensbruder. Gott sei Dank!
In diesem Bericht könnten noch viele weitere Erlebnisse und Erfahrungen beschrieben werden. Auch meine Geschwister hätten sicherlich noch vieles zu berichten. Wir sind Gott dankbar, dass wir Menschen helfen durften, aber auch dass wir für uns selbst Vieles lernen konnten. Von ihrer Dankbarkeit, Hingabe und Freude, besonders in den Schwierigkeiten waren wir alle sehr beeindruckt. Möge Gott den Menschen in Äthiopien und uns helfen!
Und er sprach zu ihnen: Geht hin in alle Welt und verkündigt das Evangelium der ganzen Schöpfung! Wer glaubt und getauft wird, der wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. (Markus 16, 15-16)